Thema:

Anastomosenstriktur

anastomosenstriktur

11. März 2016

Anastomosenstriktur

Was ist das denn schon wieder?

Durch die Entfernung der Prostata musste die Harnröhre mit der Blase direkt verbunden werden.

An dieser neuen Verbindung können dann Narben entstehen. Diese Narben wiederum verengen die Harnröhre und der Harnfluß wird gestört. Dies kann im schlimmsten Fall sogar zu einem kompletten Harnstau führen. Dies gilt es natürlich zu verhindern. In diesem Fall wäre sonst eine Not-OP durch die Bauchdecke notwendig.

Eine solche Anastomosenstriktur wurde bei mir heute festgestellt. Ich klage schon von Beginn der Bestrahlung über Schmerzen beim Wasserlassen. Zudem hat sich die Menge und die Stärke des Strahls von einem Wasserfall zu einem Rinnsal entwickelt ("Tröpfchen für Tröpfchen Qualität").
Eine Bestrahlung fördert die Entstehung einer solchen Anastomosenstriktur.

Da ich nun bereits mitten in der Bestrahlung stecke, haben sich die Oberärzte der Radioonkologie und der Urologie auf einen Blasenkatheter (durch den Bauch) geeinigt. Dieser wird bereits am Montag angelegt. So kann die Bestrahlung weitergeführt werden, und die Anastomosenstriktur führt nicht zu weiteren Komplikationen. Dennoch muss diese später operativ entfernt werden. Aber erst frühestens 4 Wochen nach Ende der Bestrahlung. D.h. ich werde den Katheter für mind. 10 Wochen tragen müssen. Wenn es weiter nichts ist beiße ich gerne in diesen sauren Apfel und trage das Beutelchen eben mit mir mit.

Allerdings war die notwendige Untersuchung, um dies festzustellen, schon sehr grenzwertig. Die Blasenspiegelung ist sehr sehr sehr sehr sehr sehr unangenehm. Zum einen weiss ich jetzt wie sich Frauen fühlen, zum anderen ist das Einführung der Kamera bis zum Schliessmuskel mehr als nur unangenehm. Der Blick auf den Bildschirm soll den Mann ablenken, was aber nur bedingt gelingt. Insofern habe ich mich im Anschluss für mein (freundliches) Fluchen entschuldigt.

Die Ärzte und Schwestern waren super nett. Nachdem ich die Ärztin aber fragte warum sie ihren weissen Kittel abgelegt hat, meinte Sie, Sie müsse aus Hygienegründe gleich so eine transparente Plastikschürze anziehen. Die anwendesende Arzthelferin (oder Schwester) kommentierte dies mit: "das macht sie immer wegen den ganzen Blutspritzer."
Haha, guter Gag. 1:0 für Grosshadern. Die lustige Stimmung war bei mir dann aber beim einführen der Kamera ganz schnell verflogen!

Da das ganze zum Glück nichts mit dem Tumor zu tun hat, gehen wir damit locker um, auch wenn ich nun 10 Wochen mit Beutel umher laufen muss.

15. Mai 2016

Dahoam

Nun war ich nochmal für 4 Tage im Klinikum Großhadern. Ich hoffe das letzte mal für eine lange Zeit.

Katheter und alle Schläuche sind nun weg. What a feeling. Allerdings dauert es noch rund 2-3 Wochen bis ich (hoffentlich) wieder uneingeschränkt schmerzfrei bin. Momentan gibt es immer wieder ein mehr oder weniger stärkeres Ziehen beim Wasserlassen. Die Wundheilung hat begonnen, aber so dauert einfach. Geduld ist gefragt.

Dieses mal hat ich keine bevorzugte Behandlung, sprich ich war als normaler gesetzlicher Kassenpatient untergebracht. Das heisst u.a. natürlich 3-Bettzimmer. Meine Zimmerkollegen waren zudem zwischen 25 und 35 Jahre älter als ich. Naja, die Nächte waren dementsprechend.
Wobei die Behandlung und Pflege durch die Ärzte und Pfleger nicht anders war als beim letzten mal. Hervorragend, mit viel Herz! Ein Lob an die Urologische Abteilung.

Mitte Juli gibt es dann die erste Nachsorgeuntersuchung bei den Strahlenärzten. Bis dahin muss ich noch ein PET/MRT machen lassen, um einen Vorher/Nachher Vergleich zu haben. Erst dann werden wir näheres wissen. Aber ich habe ein gutes Gefühl.

27. Juli 2016

Wo geht es lang? 

Gute Frage! 

Erstmal weiter erholen. Da keiner sagen kann ob der Tumor vollständig vernichtet wurde oder eben nur inaktiv ist (leider das wahrscheinlichere), bleibt eine gewisse Unsicherheit bestehen. Dennoch versuche ich meinen Gedanken freien Lauf zu lassen und Dinge nachzuholen, die die letzten acht Monate keine Beachtung fanden. Und dann geht es darum Wünsche umzusetzen die mir während der letzten acht Monate in den Kopf kamen, die ich unbedingt noch umsetzen will. 

Die Ärzte empfehlen mir noch einige Zeit auszusetzen. Es ist noch zu früh um in den Alltag zurückzukehren. Und ehrlich gesagt fühle ich mich noch nicht reif für diesen Alltag. Meine Inkontinenz ist seit der Bestrahlung und der Anastomosenstriktur schlechter geworden. Ist zwar nichts was körperlich wehtut, aber es ist lästig und psychisch eine Belastung. 

Ich denke ich muss noch zwei oder drei Zyklen der PSA Messung abwarten. Vorher bin ich psychisch noch nicht gefestigt. Es ist keine akkute Angst die mich quält, aber es sind Sorgen die immer wieder aufpoppen, sobald etwas nicht ganz so läuft wie normal. Aber normal ist sowieso nichts mehr und es wird auch nichts mehr normal bzw. wie früher sein. Mit den Nebeneffekte der bisherigen Therapien muss ich lernen Leben zu können, zum Teil für immer.

So kann zb die Anastomosenstriktur jederzeit wieder auftreten. Bei manchen Männern sogar schon nach 6 bis 8 Wochen und das durchaus mehrere Male nacheinander. Dann wenn es mal wieder nicht gut "läuft", kommen gleich erste Zweifel auf. Aber ein Tee hilft schnell die Zweifel zu entkräften.

Ein Besuch bei meinem Urologen zeigt mir dann auch immer wieder auf, wie ernst meine Situation ist. Er lässt ernst gemeint Botschaften salopp und nebenbei ins Gespräch einfließen, aber die Ernsthaftigkeit ist zu hören: "Ich bin sehr zufrieden" [ein Grinsen und Daumen hoch von ihm]  "Es läuft bei Ihnen wie am Schnürchen, aber das muss es auch, denn jede noch so kleine Abweichung kann schwerwiegende Folgen mit sich bringen". 

Kaum möglich den Kopf vollständig frei zu kriegen, aber ich versuche einiges auszublenden und stets positiv in die Zukunft zu schauen. Das hat mir bisher gut geholfen die zurückliegenden Monate zu bewältigen. Sich Ziele zu setzen und Wünsche zu haben, sich diese auch zu erfüllen, helfen ungemein. Die Unterstützung seiner Liebsten, den sich kümmernden Freunden und Bekannten sind dabei genauso wichtig. Das dabei einige Beziehungen vielleicht auf der Strecke bleiben, bzw darunter leiden ist denke ich normal. Man merkt in dieser Situation eben welche Menschen ein grosses Herz besitzen und welche Egoisten sind. 

1. März 2017

Meine schlimmste Zeit

Die schlimmste Zeit während meiner gesamten Behandlung, inklusiver aller OPs und Untersuchungen war während der Bestrahlung. Diese startete heute genau vor einem Jahr.

[su_heading size="20" align="left"]Die Bestrahlungs-Odysee[/su_heading]

33 Bestrahlungen, jeden Tag außer am Wochenende und an Feiertagen. Jeden Tag mit dem Taxi 30 Km hin und zurück. Immer schauen das die Blase gut gefüllt und der Darm entsprechend leer ist. Es stellte sich eine gewisse Routine ein: jeden Morgen der gleiche Ablauf, die gleiche Menge trinken und essen. Im Normalfall ganz einfach.

Personen mit eigenen Bestrahlungserfahrungen meinten im Vorfeld es sei alles recht locker und entspannt. So war ich selbst anfangs auch recht entspannt, zumal sich nach den ersten drei Anwendungen alles ganz gut einspielte. Allerdings merkte ich nach kurzer Zeit schon die negativen Auswirkungen auf meinen Körper. Die OP-Narbe schwoll an und verengte dadurch die Harnröhre (Anastomosenstriktur). Und das bereits nach einem Drittel der Anwendungsserie. Die Verengung führte zu einem schwächeren Strahl und es bestand die Gefahr auf ein Urinstau. Das musste natürlich vermieden werden.

Um die Striktur zu entfernen war ein kleiner operativer Eingriff notwendig. Dieser Eingriff hätte allerdings zu einer Unterbrechung der Bestrahlung geführt. Da die Onkologen die Bestrahlung jedoch nicht unterbrechen wollten, wurde mir ein sogenannter "Pufi" (Fachbegriff: subrapubische Katheter), also ein Bauchdeckenkatheter gelegt.

Durch die Bestrahlung war die Gegend um die Blase bereits in Mitleidenschaft gezogen und es fiel mir schwer die Blase bzgl. Füllstand so zu steuern das problemlos "angestochen" werden konnte. Denn zum durchstechen der Bauchwand und Blase war eine volle Blase notwendig. Es war schon so für mich nicht einfach eine gut gefüllte Blase zu erreichen, aber wenn ich dann auch nur auf Zuruf zum Anstich hereingerufen werde, musste ich dreimal kurz vor dem Anstich aufgrund des großen Blasendrucks aufs Klo. Völlig verzweifelt wollte ich es für diesen Tag komplett abbrechen. Beim letzten Versuch sollte es dann aber klappen.

Den Stich selber habe ich eigentlich nicht bemerkt. Im Gegenteil es stellte sich rasch eine gewisse Erleichterung ein, denn die Blase leerte sich. Allerdings ging viel durch die Anstichstelle heraus, so dass ich mich fast komplett im Beckenbereich einnässte. Zwar sollte ich meine Klamotten etwas nach oben bzw. nach unten ausziehen, aber eben nicht ganz aus. So war dann einiges etwas feucht. Ersatzkleidung nicht dabei.

Nachdem der Katheter gelegt war, war es anfangs bei der Bestrahlung recht einfach den Blasenfüllstand mit dem Katheter zu kontrollieren. War zuviel drin, einfach öffnen und ein bisschen ablassen.

Allerdings folgte jetzt auch die schlimmste Zeit. Denn es passierte immer wieder das der Katheter "verstopfte" und ich massive Probleme mit der Entleerung bekam. Es waren immer so ekelige lange Blutfäden die sich den Weg durch den Katheter suchten. Alles normal laut Ärzte.

Die Verstopfung war dann so schlimm das ich manchmal kurz davor war den Notarzt zu rufen. Im Rhythmus von vielleicht immer wieder drei Stunden, floss der Urin und dann wieder nicht für drei Stunden und das über einige Wochen hinweg. In dieser Zeit wenn es nicht floss, erlitt ich Höllenqualen. Ich musste dringend, ganz dringend, aber es lief nichts und das für drei Stunden. Welch Qual, Blut und Wasser geschwitzt. Hilflosigkeit machte sich bei uns breit. Spülungen mit Kochsalzlösungen brachten nur vereinzelt einen Erfolg. Oft schied dann die Kochsalzlösung direkt durch die Harnröhre aus, ohne das aber sich meine Blase entleeren konnte. Über Wochen keine Nacht durchgeschlafen.

Am Ende der Bestrahlung war die Erleichterung schon groß und es war ein tolles Gefühl die Glocke zum Abschluß zu läuten, aber die Probleme hielten noch rund zwei Wochen nach der Bestrahlung an.

Und dann plötzlich, zwei Tage vor meinem 50. Geburtstag, wurde es besser. Mein schönstes Geschenk!